Was beinhaltet die betriebsärztliche Grundbetreuung für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern?
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind ein wichtiges Element zum Schutz der Mitarbeiter. Sobald ein Unternehmen einen Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, ist es dazu verpflichtet, einen Betriebsarzt einzustellen. Da ein eigener Betriebsarzt-Posten für kleine und mittelständische Unternehmen meist nicht realisierbar ist, können diese auf die Dienste eines externen Betriebsarztes zurückzugreifen. Externe Betriebsärzte sichern die Unternehmen rechtlich ab und bieten eine umfassende Betreuung – genannt Regelbetreuung. Die Regelbetreuung durch einen Arbeitsmediziner gliedert sich in eine Grundbetreuung sowie eine Anlassbezogene Betreuung.
Außerdem ist entscheidend, wie groß der Betrieb ist, sprich: wie viele Mitarbeiter er beschäftigt.
Informationen zur Grundbetreuung in Betrieben mit weniger als 10 Mitarbeitern finden Sie hier, während sich dieser Artikel mit Betrieben von mehr als 10 Mitarbeitern auseinandersetzt.
Was versteht man unter einer betriebsärztlichen Grundbetreuung, welche Aspekte erfasst sie?
Die Grundbetreuung durch einen Betriebsarzt für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern beinhaltet eine große Bandbreite gesetzlich vorgeschriebener Leistungen. Hauptmerkmale dieser Basisleistungen umfassen die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung sowie grundlegende Maßnahmen in der Arbeitsgestaltung. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) regelt die Anforderungen an die Betriebsmediziner und deren Aufgabengebiete in ihrer Unfallverhütungsvorschrift (der DGUV 2) detailliert. Die Grundbetreuung für Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten, regelt die Anlage 2 der Unfallverhütungsvorschrift.
Grundbetreuung, das klingt erst einmal simpel, füllt in der Unfallverhütungsvorschrift der DGUV jedoch Dutzende Seiten. Die Anforderungen an einen Betriebsmediziner werden darin ausführlich dargestellt:
1. Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung
Wichtigster Aspekt in der Arbeit des Betriebsarztes, ist die Unterstützung des Betriebs bei der Anfertigung einer Gefährdungsbeurteilung. Dabei geht es vor allem um die Beratung des Betriebsleiters, bei der organisatorischen Planung der Gefährdungsbeurteilung. Mitarbeiter müssen befragt, informiert und sensibilisiert, ein Konzept entwickelt und Führungskräfte in der Planung der Beurteilung unterstützt werden. Der Dialog innerhalb des Unternehmens steht an erster Stelle, um eine wirksame Überprüfung durchzuführen.
Die Arbeitsmediziner sind in der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung geschult: Sie nehmen Risikobeurteilungen vor und leiten daraus erforderliche Maßnahmen ab.
Ein immens wichtiger Punkt in der Gefährdungsbeurteilung ist die Dokumentation – besonders für den Fall eines Arbeitsunfalls! Auch hier kennen sich Betriebsärzte aus und können eine rechtskonforme Abwicklung garantieren.
Gefährdungsbeurteilung sollten spätestens alle 5 Jahre aktualisiert werden.
In kürzeren Abständen sollte dagegen ein Jahresbericht erstellt werden, der die Ergebnisse stichprobenartiger Überprüfungen im Betrieb zusammenfasst. Diese Kontrollen evaluieren die Umsetzung der getroffenen Maßnahmen. Sie zeigen außerdem Schwachstellen auf, die noch nicht beseitigt wurden.
2. Unterstützung bei grundlegenden Maßnahmen der Arbeitsgestaltung
Die Optimierung der Arbeitsgestaltung ist der zweite zentrale Punkt, im Aufgabenbereich eines Betriebsarztes. An erster Stelle steht hier die Überprüfung bestehender Arbeitssysteme. Diese werden hinsichtlich der Arbeitsmittel, -stoffe, sowie der Arbeitsorganisation überprüft. Das Augenmerk wird auf die Erfüllung der Anforderungen aus §4 des Arbeitsschutzgesetzes gelegt. Im Arbeitsschutzgesetz sind klare Soll-Zustände aufgeführt, nach denen sich die Überprüfung richtet. Dabei werden unterschiedlichste Bereiche begutachtet: Arbeitsmittel, Betriebsanlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsplatzgestaltung, soziale- wie auch sanitäre Einrichtungen, der Arbeitsrhythmus sowie der Personaleinsatz… die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Aufgabe des Betriebsarztes ist es, die Lösungssuche innerhalb der optimierbaren Bereiche zu unterstützen. Darüber hinaus gehört es zum Profil des Mediziners, Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten sowie die Umsetzung der Maßnahmen zu begleiten. Auch in diesem Bereich sollte ein Betriebsarzt – oder eine Betriebsärztin – Wirkungskontrollen durchführen, um später die durchgeführten Schutzmaßnahmen zu evaluieren.
Vor der Inbetriebnahme neuer Maschinen, Geräte oder der Veränderung betrieblicher Arbeitsgestaltung, sollte eine kurze gefährdungsspezifische Überprüfung durch den Betriebsarzt erfolgen. Dabei kontrolliert der Mediziner/die Medizinerin, sicherheitstechnische sowie ergonomische Anforderungen und das Vorhandensein ausreichender Sicherheitsvorkehrungen.
3. Entwicklung von Verhaltensregeln und Motivation zu sicherheitsgerechtem Verhalten
Ein hoher Sicherheitsstandard liegt im Interesse aller – dennoch ist für sicherheitsgerechtes Verhalten letztlich jeder Mitarbeiter selbst verantwortlich. Ein Betriebsarzt kann durch das Erstellen von Verhaltensregeln und das gemeinsame Erarbeiten von Betriebsanweisungen für einen höheren Sicherheitsstandard im Betrieb sorgen. Durch eine Sensibiliserung und Aufklärung der Mitarbeiter, kann er das Sicherheitsbewusstsein aller schärfen. Ein Betriebsarzt ist also nicht nur Arzt, er ist auch Motivator: Ziel ist es, die Mitarbeiter im eigenen Interesse zu einem sicherheitsgerechten Verhalten zu motivieren.
Hierzu dient vor allem eine kollektive arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten – laut DGUV ein weiteres Aufgabengebiet von Arbeitsmedizinern.
4. Integration des Arbeitsschutzes in die Unternehmensstruktur
Eine strukturelle Integration des Arbeitsschutzes in das Unternehmen sollten Betriebsmediziner ebenfalls anstreben. Die DGUV fordert eine Übertragung von Aufgaben und Befugnissen im Arbeitsschutz an betriebseigene Mitarbeiter. Eine Kontrolle dieser Aufgaben sowie eine Etablierung von Betriebsbeauftragten in Sachen Arbeitsschutz, steht ebenfalls im Aufgabenblatt des Arbeitsmediziners. Neben dem Betriebsarzt sollen auch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte sowie Ersthelfer im Betrieb etabliert werden.
Zusammen mit der Unternehmensführung sollte außerdem eine Arbeitsschutzstrategie entwickelt werden – hierbei sind Betriebsärzte beratend tätig.
5. Untersuchung von Unfällen im Betrieb
Ein wichtiger Aspekt der Grundbetreuung durch einen Betriebsarzt ist die Untersuchungen meldepflichtiger und nicht meldepflichtiger Arbeitsunfälle, sowie von Beinaheunfällen, Zwischenfällen ohne Personenschaden und Massenunfällen. Die Mediziner analysieren den Hergang des Ereignisses und stellen etwaige Mängel im Betriebsablauf fest.
Auch hinsichtlich Berufskrankheiten – oder dem Verdacht auf eine Berufskrankheit – sind Betriebsärzte die richtigen Ansprechpartner. Jegliche Krankheitsfälle, ob Schäden durch einen Unfall oder Wegeunfälle auf dem Arbeitsweg, sollten dem Betriebsarzt gemeldet werden.
6. – 9. Allgemeine Beratung, Dokumentation, Selbstorganisation
Neben den konkreten Tätigkeiten bezüglich Arbeitsschutz und Mitarbeitersicherheit, charakterisiert die DGUV das Aufgabengebiet eines Betriebsarztes mit weiteren, eher formellen Tätigkeiten: So sind Betriebsärzte laut DGUV beispielsweise in die Beratung zu Rechtsgrundlagen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes involviert. Die Ärzte sollten Unternehmen außerdem über wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Arbeitsgestaltung sowie der Arbeitsmedizin informieren.
Die Dokumentation spezieller Sicherheitsbestimmungen, beispielsweise von Explosionsschutz-Dokumenten, zählen ebenfalls zu den Aufgabengebieten eines Betriebsmediziners. Die Mitwirkung in betrieblichen Besprechungen sowie die Organisation von Fortbildungen im Arbeitsschutzbereich runden das Aufgabengebiet eines Betriebsarztes ab und sorgen für eine umfangreiche Grundbetreuung.
Grundbetreuung variiert nach Unternehmensart
Die Grundbetreuung durch einen Betriebsarzt für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern ist nicht universal geregelt. Sie variiert stattdessen je nach Art des Betriebs. In Anlage 2 der DGUV Vorschrift 2 wird die Einsatzzeit pro Beschäftigtem pro Jahr geregelt – Betriebe werden dabei in drei Gruppen geteilt, die je nach Gefahrenlage klassifiziert sind. Die vollständige Liste der Betriebsarten mit einer Einteilung in die jeweilige Betreuungsgruppe, findet sich auf der Website der DGUV. Eine Übersicht über die Einsatzzeit in den jeweiligen Gruppen, finden Sie außerdem hier:
Klassifizierung Einsatzzeit (Std./Jahr pro Beschäftigtem/r)
Gruppe I 2,5
Gruppe II 1,5
Gruppe III 0,5
Die DGUV Vorschrift 2 legt also feste Arbeitszeiten für jede Branche fest, die den unterschiedlichen Gefahren im jeweiligen Betrieb gerecht werden.
Für eine optimale Grundbetreuung fehlt nur noch eins – der passende Betriebsarzt:
Diese können unter anderem auf den Websiten http://www.bsafb.de/7.0.html und des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte gefunden werden.