Von China lernen?

Score

Der Blick auf China fällt ziemlich ambivalent aus – zumindest, wenn Unternehmer das Land der Mitte betrachten. Da ist einerseits der Wirtschaftsgigant, der mit Dumpingpreisen ganze Märkte zerstört, frech kopiert und Industriespionage betreibt, andererseits aber auch ein hocheffizientes System, das blitzschnell auf Veränderungen reagiert und technologische Entwicklungen in rasender Geschwindigkeit vorantreibt. Das alles findet in einem System statt, das im Inneren sehr stabil aufgebaut ist und sich mit Widrigkeiten, wie etwa Streiks gar nicht auseinandersetzen muss. Mit einer Mischung aus flächendeckender Überwachung und Social Scoring, hat es die herrschende KP zudem offenbar geschafft, dass der größte Teil der Bevölkerung mit dem bestehenden System ganz zufrieden ist. So nimmt es nicht Wunder, dass es immer wieder Studienreisen in das kommunistische Land gibt, deren Teilnehmer so gar nicht in das Weltbild von Marx und Mao passen: Unternehmer. Sie sind meist am Social Scoring interessiert, getragen von der Überlegung, dass ein bisschen Social Scoring im eigenen Betrieb die Effizienz ein wenig bis enorm erhöhen könnte. Grund genug für DOKTUS da mal genauer hinzuschauen. Denn eine Frage stellt sich unweigerlich: Lässt sich so ein System mit der psychologischen Gefährdungsbeurteilung in Einklang bringen?

Was ist eigentlich Social Scoring?

Bei Social Scoring handelt es sich um ein System, in dem Wohlverhalten belohnt und Fehlverhalten bestraft wird. Ein Beispiel: In einem Unternehmen beginnen alle Mitarbeitenden mit 100 Punkten. Wer sich im Unternehmen sozial oder außergewöhnlich engagiert, etwa dass er sich zum betrieblichen Ersthelfer ausbilden lässt, kann Punkte sammeln. Wer dagegen mehrfach zu spät zur Arbeit kommt, den erwartet ein Punktabzug. Bei einer betrieblichen Gratifikation an Ende des Jahres, wird dann nach erreichten Punktzahlen Bares verteilt. Hohe Punktzahlen können aber auch anderweitig honoriert werden, etwa in Form einer begehrten Fortbildung. Minuspunkte können dagegen zur Streichung von Privilegien führen.

Warum China nicht als Beispiel taugt

Was deutsche Unternehmer beim „Vorbild“ China oft nicht auf dem Schirm haben, ist die Tatsache, dass die Unternehmen ein Teil der flächendeckenden Überwachung des sogenannten „Skynets“ sind. So, wie Straßen und öffentliche Plätze, Einkaufszentren und Bahnhöfe, überwacht werden, werden auch Fabriken und Unternehmen überwacht. Wohl- oder Fehlverhalten auch am Arbeitsplatz geht in das staatliche Scoring-System ein. Entsprechend sieht auch das Bonus-Malus-System aus. Wer über ein gutes Scoring verfügt, kann zum Beispiel Auslands- und Fernreisen machen oder bekommt zinsgünstige staatliche Kredite. Wer unter den Schnitt gerät, muss damit rechnen, dass ihm beispielsweise die Geschwindigkeit im Internet gedrosselt wird, oder dass er am Bahnhof kein Ticket für den Hochgeschwindigkeitszug von Shanghai nach Peking bekommt. Solche Sanktionen liegen natürlich weit außerhalb der Reichweite jedes Unternehmers. Doch die Einführung eines Social Scorings, das Überwachungselemente wie in China enthält, würde in Deutschland auch noch an einem ganz anderen Punkt scheitern. Da eine dauerhafte Videoüberwachung bei den Betroffenen zu starkem Stress führen kann, dürfte ein solches Vorhaben mit der psychischen Gefährdungsbeurteilung nur schwer in Einklang zu bringen sein. Die wird zwar von vielen Betrieben geflissentlich ignoriert, zumal die Geldbußen vergleichsweise harmlos sind. Doch wenn durch das Fehlen oder die Nichtbeachtung der psychischen Gefährdungsbeurteilung zu einer ernsthaften Erkrankung kommen sollte, haftete das Unternehmen. Hinzu kommt, dass ein Social Scoring, das sich auch nur an das chinesische Vorbild anlehnt, auch ganz schnell zu Konflikten mit dem Datenschutz führen könnte.

Vorsorge Bildschirm G 37

Vorsicht beim Social Scoring

Grundsätzlich wird das Social Scoring in Unternehmen von vielen Organisationen und Verbänden kritisch betrachtet, weil es nicht nur einen weiterer Stressfaktor darstellen kann, sondern weil es auch die Sozialstruktur innerhalb eines Unternehmens schädigen kann. Wer dennoch ein solches System einführen will, muss dabei auch die Rechte und das Wohl der Arbeitnehmenden im Blick behalten. Dass das System nicht in Bausch und Bogen verdammt wird, liegt allerdings auch daran, dass Social Scoring Elemente inzwischen auch in unserem Alltag Einzug gehalten haben. Das System der SCHUFA fußt auf solch einem System und auch Krankenkassen belohnen oder bestrafen in Mitglieder zum Teil für Wohl- oder Fehlverhalten.

Boni dürfen sein

Heißt das im Umkehrschluss, dass außergewöhnliche Leistungen im Beruf nicht gewürdigt werden sollen? Nein, ein effektives, soziales und transparentes Belohnungssystem kann die Motivation und Zufriedenheit am Arbeitsplatz sogar deutlich erhöhen. Das gilt vor allem für Unternehmen, in denen die Vorstandsetage regelmäßig mit Boni bedacht wird. Richtig eingesetzt kann ein solches System ein Unternehmen also weiterbringen. Wird es falsch implementiert, kann es Frustration und Stress bedeuten. Umso so ernster sollten Unternehmen die psychische Gefährdungsbeurteilung nehmen. Sie ist ein wichtiges Instrument, um Unternehmen weiter zu bringen, zum Beispiel mit dem Programm Mind Care von „DOKTUS – die Betriebsärzte“. Das kann auf dem verminten Feld der Boni für Sicherheit sorgen. Am Ende geht es darum, mit gesunden Mitarbeitenden gesunde Unternehmen zu formen. Wenn Sie interessiert sind, rufen Sie uns an oder klicken Sie auf diesen Link.

Peter S. Kaspar

Bildquelle: iStock, Roman Bykhalets

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