Depressionen: Hilfe über das Internet wirkt

Hilfe im Internet bei Depressionen

Bei Depressionen fällt es vielen Menschen leichter, ihre Sorgen zunächst anonym zu formulieren.

In Deutschland nutzen fast 90 Prozent aller Personen ab 10 Jahre regelmäßig das Internet, wie das statistische Bundesamt mitteilt. Die Kommunikation über E-Mails, Chats und soziale Netzwerke nimmt in unserem Alltag einen immer höheren Stellenwert ein. Informationen zu allen möglichen Fragen des Lebens holen viele sich online – auch wenn es um die Gesundheit geht.

Gesundheitsportale versprechen schnelle Hilfe bei medizinischen Fragen und erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Gang zum Arzt mit langfristiger Terminplanung und langen Wartezeiten möchten viele sich sparen. Im Bereich der psychischen Krankheiten ist der Bedarf für schnelle Hilfe oft besonders dringlich. Seit Jahren zählt die Depression zu den häufigsten Ursachen für eine Krankschreibung. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz dauert oft Wochen.

Diese Fakten nahm ein Forschungsprojekt an der FU Berlin zum Anlass, um in Kooperation mit Techniker Krankenkasse ein Verfahren für eine online-basierte Beratung von Patienten mit leichtgradigen bis mittelschweren Depressionen zu entwickeln. Dem lag die Überlegung zugrunde, dass gerade auf dem Gebiet der psychischen Leiden die Hemmschwelle, sich nach außen zu öffnen besonders hoch ist. Viele scheuen lange Zeit aus Scham den Weg zum Arzt. Ein Therapieplatz wird oft erst gesucht, wenn das Leiden schon weit fortgeschritten ist und den Alltag komplett bestimmt. Vielen Menschen fällt es leichter ihre Sorgen zunächst aus der Anonymität heraus zu formulieren.

Modell-Versuch der Techniker Krankenkasse mit vielversprechenden Ergebnissen

Die Online-Beratung bietet den Vorteil, dass der Patient sich von Zuhause aus sofort Hilfe suchen kann. Die Teilnehmer der Studie kommunizierten ausschließlich über eine Online-Plattform, dem sogenannten TK DepressionsCoach. Innerhalb eines Zeitraums von ca. zwei Monaten durchliefen sie sieben Module. Diese Module enthielten sowohl Informationen über Depressionen und ihre Begleiterscheinungen in Form von Texten und Videoeinspielungen, als auch praktische Hilfen.

Ein Schwerpunkt der Module lag auf verhaltensorientierten Aufgaben. Je nach Ausprägung des individuellen Krankheitsbildes, kann beispielsweise bereits ein Wochenplaner dazu beitragen, dass täglich angenehme Momente in den Alltag eingebunden werden, um das Wohlbefinden zu steigern. Mithilfe interaktiver Audio- und Videotrainigseinheiten, wird der Teilnemer zur Überprüfung seiner Denkmuster angeregt. Ein Teil der Teilnehmer erhielt dabei lediglich ein automatisiertes Feedback, eine direkte Kontaktaufnahme musste angefragt werden. Die übrigen Patienten erhielten ein regelmäßiges Feedback durch das Team von psychologischen Mitarbeitern.

TK: DepressionsCoach ein Erfolg

Das Ergebnis der Studie: Teilnehmer, die zusätzlich zu den Modulen ein regelmäßiges Feedback erhielten, äußerten nach Abschluss der Studie ein gesteigertes Wohlbefinden und eine sehr hohe Zufriedenheit. Insgesamt waren alle Teilnehmer zufrieden mit dem Angebot. Bei allen Teilnehmern konnte Zahl der Krankheitstage wesentlich reduziert werden. Auch ein Jahr nach Abschluss der Behandlung hatte sich dieses Ergebnis nicht geändert. Man kann also von einer dauerhaften Wirkung ausgehen. Aufgrund des großen Erfolges wird der DepressionsCoach daher weiterhin angeboten. Inwiefern diese Form der Online-Therapie in Deutschland weitere Verbreitung findet ist offen. In anderen Ländern, wie Großbritannien oder den Niederlanden gehören ähnliche Online-Tools allerdings bereits zur medizinischen Regelversorgung.