Wann ein Beinbruch teuer wird

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Wildgewordene Arbeitnehmer sind der Albtraum für jeden Chef

Man werde demnächst mit Manuel Neuer über eine Gehaltskürzung verhandeln, ließ jüngst der FC Bayern München wissen. Sechs Wochen nach seinem Unfall bei einer Skitour, bei der er sich Ski- und Wadenbein brach, ist für den Torhüter auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgelaufen. Ein normaler Arbeitnehmer hätte nun Anspruch auf Krankengeld, und zwar bis zu 90 Prozent des normalen Gehalts. Nun lässt sich ein Fußballprofi nur schwerlich in die Kategorie „normaler Arbeitnehmer“ einordnen. Bayern München überweist seinem Keeper angeblich 18 Millionen Euro im Jahr. Es gibt unterschiedliche Angaben und sicherlich auch verschiedene Komponenten, aus denen sich sein Salär zusammensetzt. Doch eines ist ziemlich sicher: Das war ein sehr teurer Beinbruch für den Nationaltorhüter. Er wird ihn Millionen kosten.

Manuel Neuer auch nur ein „normaler Arbeitnehmer“?

Trotzdem wird Manuel Neuer durch diesen Unfall nicht arm werden. Aber es stellt sich die Frage: Warum hat ihm Bayern das Skifahren nicht kurzerhand untersagt? Im Gegensatz zu dem eingangs erwähnten „normalen Arbeitnehmer“, ist das bei einem Fußballprofi zwar prinzipiell möglich, aber offenbar nicht so einfach. Ein Verein könnte, so absurd es klingt, einem Profi sogar das Fußballspielen verbieten. Dann dürfte er zum Beispiel nicht an einem Freizeitturnier seines Jugendvereines teilnehmen. Der Profi muss eigentlich alles unterlassen, was seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen oder sogar ganz gefährden könnte. Früher beinhalteten praktisch alle Verträge mit Lizenzspielern solche Klauseln. Inzwischen sind die aus den Musterverträgen der Deutschen Fußballliga (DFL) verschwunden. Laut dem Sportrechtler Christoph Schickhardt seien viele dieser Klauseln einfach unwirksam gewesen. Trotzdem ist es alles andere als ausgeschlossen, dass es noch viele solcher Klauseln in Profikontrakten gibt. Im Fall von Manuel Neuer scheint das nicht so zu sein. Denn der Verein thematisiert das Thema Gehaltsverzicht genau in dem Moment, als die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausläuft. Auch wenn Neuer Millionen verdient, er ist arbeitsrechtlich also doch nur ein „normaler Arbeitnehmer”.

Was darf der Chef verbieten?

Wie sieht es nun bei einem Arbeitnehmer am Fließband und einer Beschäftigten am Computer aus? Dürfen die in ihrer Freizeit klettern oder zum Tauchen gehen? Es ist alles erlaubt. Der Chef kann nichts verbieten, auch nicht Sportarten, die als gefährlich gelten – mit einer Ausnahme. Kickboxen ist die einzige Sportart, die von deutschen Arbeitsgerichten bislang tatsächlich als gefährlich eingestuft wurde. Als gefährlich gilt eine Sportart dann, wenn selbst für Könner ihres Faches Verletzungen unausweichlich sind. Dass es zu einer Verletzung kommen kann, reicht hingegen noch nicht aus, um eine Sportart a priori als gefährlich einzustufen.

Was passiert bei einer langfristigen Verletzung?

Zunächst einmal ist alles geregelt. Verletzen sich Beschäftigte in der Freizeit bei Sport, dann haben sie Anrecht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen. Im Falle von Manuel Neuer ist die jetzt ausgelaufen. Danach springt die gesetzliche Krankenversicherung mit dem Krankengeld ein, das maximal 72 Wochen lang bezahlt wird. Die Höhe des Krankengeldes ergibt eine Berechnung und liegt bei maximal 90 Prozent des Nettoeinkommens oder 70 Prozent des Bruttoeinkommens. Wieviel das letztlich bei dem Nationalspieler ist, unterliegt reiner Spekulation. Es hängt von den Vertragsdetails ab. Die beinhalten solche Dinge wie Prämien oder Werbeverpflichtungen, die in einem landläufigen Arbeitsvertrag eher keine Rolle spielen. Nach 72 Wochen bezahlt auch die gesetzliche Krankenversicherung nicht mehr. Dann springt die Arbeitslosenversicherung ein.

Muss der Arbeitgeber immer Lohnfortzahlung leisten?

Auch wenn in der Theorie alles gut geregelt scheint, so steckt in Sachen Freizeitunfällen der Teufel dann doch wieder im Detail. Der Arbeitgeber muss nur dann die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer seinen Sport auch im entsprechenden Rahmen ausübt. Ein Beispiel: Für normal ausgebildete Sporttaucher gilt in der Regel ein Tiefenlimit von 40 Metern mit Presslufttauchgerät. Schlägt nun ein Taucher alle Warnungen und Anweisungen in den Wind und taucht mit Pressluft auf 60 Meter, dann kann das im Falle eines Unfalls nicht nur üble körperliche Folgen haben. In diesem Fall ist der Arbeitgeber nämlich nicht mehr verpflichtet, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu leisten.

DOKTUS rät zum Sport im Rahmen

Nicht immer sind Sportunfälle so krass fahrlässig, wie in dem beschriebenen Fall. Doch immer wieder treffen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht, wo es dann genau um die Frage geht: Hat eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit bei der Ausübung ihres Sports grob fahrlässig gehandelt. In der Regel kommen Arbeitgeber damit allerdings nicht durch – solange die betroffenen Beschäftigten nachweisen können, dass sie die Regel oder die Grenzen ihres Sports nicht über die Maßen ausgedehnt haben. DOKTUS rät durchaus jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin zur sportlichen Betätigung in der Freizeit. Allerdings sollte die stets in angemessenem Rahmen stattfinden. Das heißt größenwahnsinnige Rekordversuche sollten genau so tabu sein, wie das Missachten der Anweisungen von Übungsleitern, Tourguides oder Trainern. Wenn dann nämlich etwas schief geht, ist der Beinbruch mehr als ein Beinbruch.

Peter S. Kaspar