Schlaflos im Büro

Müdigkeit

Was in den eigenen vier Wänden passiert, geht den Betriebsarzt nichts an, schon gar nicht, was im Bett geschieht. Im Allgemeinen mag das ja stimmen, aber es gibt eine Situation, da ist es für die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt von höchstem Interesse, nämlich dann, wenn Gesundheit und möglicherweise Sicherheit auf dem Spiel stehen. Tatsächlich ist eine der persönlichsten Situationen eines Menschen von hoher Bedeutung für die Arbeitssicherheit, aber auch für die Produktivität und manchmal sogar für den Betriebsfrieden. Es geht um den Schlaf – oder vielmehr, was passiert, wenn er ausbleibt. Schlafstörungen sind weit verbreitet. Etwa ein Drittel der Bevölkerung leidet an Insomnie. Bei dieser Größenordnung liegt es auf der Hand, dass dies ein Problem ist, das auch weit ins Arbeitsleben hereinreicht. DOKTUS erklärt, was das für Betriebsärzte bedeutet.

Was ist eigentlich eine Schlafstörung und wohin kann sie führen?

Dass man mal nicht so gut einschläft, nachts auch mal aufwacht und einem die Nacht am Morgen danach verdammt kurz vorkommt, kann mal vorkommen. Doch wenn daraus ein Dauerzustand erwächst, dann wird es wirklich zu einem Problem, nicht nur für den direkt Betroffenen, sondern auch für seinen Arbeitgeber. Die Folgen der Schlaflosigkeit sind alles andere als erfreulich. Zunächst zeigt sie sich durch Müdigkeit, die im Büro durchaus einmal zum kurzen Einnicken führen kann. Das belustigt im besten Fall die Kollegen. Doch was, wenn der Arbeitsplatz nicht an einem Schreibtisch ist, sondern beispielsweise in 35 Metern Höhe in der Führerkanzel eines Krans? Oder am Steuer eines 40 Tonnen schweren Trucks? Doch auch ein weiterer Aspekt spielt eine Rolle. Wer schläft, arbeitet nicht – ist also auch nicht produktiv. Auch wenn der Betroffene nicht gleich in einen Büroschlaf verfällt, ist seine Leistungsfähigkeit erheblich vermindert. Auch die Qualität der Arbeit wird nachlassen und mit mehr Fehlern behaftet sein. Es treten alle Probleme auf, die mit Präsentismus einhergehen, also wenn eigentlich arbeitsunfähige Menschen trotzdem zur Arbeit kommen.

Das Problem ist, dass Schlaflosigkeit allein selten zu Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen führt, obwohl sie für sich selbst schon ein Krankheitsbild ergibt. Meistens kommt es zu Krankschreibungen im Zusammenhang mit Depressionen oder Burn-Out. Wenn chronisch schlafgestörte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Arbeit erscheinen, hat der Arbeitgeber ein Problem – ein Problem, das letztlich bei der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt landet.

Vorsorge Bildschirm G 37

Was kann der Betriebsarzt gegen Schlaflosigkeit tun?

Das Problem von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten ist, dass ihre Möglichkeiten begrenzt sind. Sie können weder als behandelnde Ärzte auftreten, noch Beschäftigte zur Mitarbeit zwingen. Bei Verdacht auf eine chronische Insomnie, können sie Betroffene bestenfalls an ihren Hausarzt oder einen Facharzt verweisen. Die Möglichkeiten der Betriebsmedizin sind auch hier, wie fast immer, prophylaktischer und beratender Natur. Es gibt nur ein Szenario der direkten Durchgriffsmöglichkeit: Wenn nämlich die Insomnie direkt auf das berufliche Umfeld zurückzuführen ist. Hier kann ein Betriebsarzt oder eine Betriebsärztin bereits im Vorfeld über die Gefährdungsbeurteilung eingreifen, wenn es etwa um Schichtarbeit geht. Gerade bei Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern ist die Gefahr einer chronischen Schlafstörung besonders hoch. Hier kann auch das Thema Insomnie Teil einer Vorsorgeuntersuchung sein. Liegt aber der Ursprung der Schlafstörungen außerhalb, verringern sich die Möglichkeiten der Arbeitsmedizin beträchtlich.

Was kann der Betriebsarzt im Unternehmen tun?

Es ist schwierig, einen Überblick über die Verbreitung von Schlaflosigkeit in einem Unternehmen zu bekommen, es ist aber nicht unmöglich. Denkbar ist eine Erhebung durch Fragebögen, anonym und auf freiwilliger Basis. Fragen zur Schlaflosigkeit können bei der Anamnese im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung gestellt werden. Wenn sich durch die Zahlen tatsächlich ein relevantes Problem für ein Unternehmen entwickeln könnte, dann spielt Beratung eine herausgehobene Rolle: Das kann von der individuellen Schlafhygiene, also Bettgehzeiten, Tätigkeiten vor dem Einschlafen (Lesen, Tablet, Fernsehen), Zimmerabdunklung reichen, bis hin zu Empfehlungen zu Schichtplan und Pausenregelungen oder Stressmanagement. Im Zweifelsfall muss der Betriebsarzt auch seine Expertise zur Schichtplanung, Verringerung von Überstunden und Ruhezeiten mit einbringen. Darüber hinaus sollten Betriebsärztinnen und Betriebsärzte auch das Führungspersonal eines Unternehmens in Sachen chronischer Schlafstörungen entsprechend schulen.

Peter S. Kaspar

Bildquelle: Fotolia

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