Die fünf größten Mythen der Betriebsmedizin
Zu jedem Unternehmen in Deutschland, das auch nur einen einzigen festangestellten Mitarbeiter hat, gehört zwingend ein Betriebsarzt. Selbst Privatpersonen, die auf einen Hausarzt oder sonstige ärztliche Versorgung verzichten, kommen – je nach Beruf – an einem Betriebsarzt nicht vorbei, etwa, wenn es um eine Einstellungsuntersuchung oder eine Tauglichkeitsuntersuchung geht. Trotzdem sind Betriebsärztinnen und Betriebsärzte von mehr Mythen umgeben, als andere Mediziner – Mythen, die weit über das Medizinische hinausgehen. DOKTUS hat die fünf größten Mythen über die Betriebsmedizin zusammengetragen – und rückt sie ins rechte Licht.
1. Der Betriebsarzt schreibt krank oder überprüft Krankschreibungen
„Sie fühlen sich nicht gut? Na, dann gehn‘Se mal zum Betriebsarzt. Der schreibt‘Se dann krank“, sagt der Abteilungsleiter gönnerhaft. Entweder ist das eine schlechte Filmszene oder der Abteilungsleiter hat keine Ahnung. Der Betriebsarzt wird den angeschlagenen Kollegen keinesfalls krank schreiben, sondern zum Hausarzt schicken, der dann die Krankschreibung veranlasst. Genauso wenig wird ein Betriebsarzt eine Krankschreibung überprüfen. Selbst wenn er es wollte: Auf der Kopie, die für den Arbeitgeber vorgesehen ist, steht gar keine Diagnose. Immer wieder kommt es vor, dass Krankgeschriebene ihre eigene Kopie an den Arbeitgeber weiter reichen – auf der dann auch die Diagnose steht. Doch die geht den Arbeitgeber nichts an. Ob der Kollege nun an Nasenhaarwurzel-Katarrh, an einer Blinddarmentzündung oder an einer schweren Depression leidet, ist dessen Privatsache. Mit wem er diese teilt, ist nur seine Angelegenheit.
2. Betriebsärztinnen und Betriebsärzte helfen beim Stellenabbau
Wenn es zu Rationalisierungsmaßnahmen in einem Betrieb kommt, trifft es bei den Kündigungen als erstes die mit einer schlechten Gesundheit und da sind Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sozusagen der lange Arm der Geschäftsleitung. Auch das ist natürlich Unsinn. Wie andere Ärzte auch, unterliegen Betriebsärzte der Schweigepflicht. Zudem sind sie der Gesundheit der Betriebsangehörigen verpflichtet. Doch weil dieses Gerücht offenbar unausrottbar ist, verzichten viele Arbeitnehmende auf ihr Recht, nach langer Krankheit in eine Betriebliche Eingliederungsmaßnahme (BEM) zu kommen. Die wird vom Betriebsarzt koordiniert. Mit der BEM sollen die besten beruflichen Perspektiven nach einer langen Krankheit ausgelotet werden. Manche glauben, dass das BEM nur dazu diene, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer langen Krankheit doch noch los zu werden. Aber auch dieser Mythos hat mit der Realität nur wenig zu tun.
3. Betriebsärzte machen nichts, außer Pflichtuntersuchungen und die Bürokratie anheizen
Es stimmt schon, Betriebsärzte sind für manchen Papierkram in der Firma verantwortlich, zum Beispiel wenn sie den Chef bei der Betriebsbegehung begleiten und ihn auf all das aufmerksam machen, was in eine Gefährdungsbeurteilung gehört. Ja, das bringt Papierkram mit sich – aber Papierkram der letztlich Gesundheit und Leben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern retten kann. Das gilt übrigens auch für die Vorsorgeuntersuchungen, denen sich manche Beschäftigte gern entziehen würden. Doch auch sie dienen dem Gesundheitserhalt der gesamten Belegschaft. Im Übrigen gibt es auch noch eine ganze Menge anderer Aufgaben, die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte erledigen, wenn niemand von der Belegschaft zuschaut, etwa die Arbeit im Arbeitssicherheitsausschuss (ASA) oder die Entwicklung von Sicherheitsstrategien für ein Unternehmen.
4. Betriebsmedizin kostet nur
Immer wieder taucht die Behauptung auf: Betriebsmedizin koste nur und bringe nichts ein. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Die Betriebsmedizin zielt darauf ab, die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu erhalten. Das zahlt sich am Ende sowohl für den Arbeitgeber, als auch für den Arbeitnehmer – und nicht zuletzt für die Versicherungen – und damit die Allgemeinheit – aus. Eines der besten Beispiele dafür gibt ausgerechnet der Schriftsteller Franz Kafka, der 14 Jahre lang bei der Arbeiter- und Unfallversicherung in Prag arbeitete und durch zahlreiche Vorschläge zum Unfallschutz auffällig wurde – und mit diesen Vorschlägen seinem Arbeitgeber auf Dauer viel Geld gespart hat.
5. Kleine Unternehmen brauchen keinen Betriebsarzt
Doch brauchen sie. Jeder, der auch nur eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter beschäftigt, braucht eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt. Der oder die müssen ihrerseits natürlich nicht fest angestellt sein. Sie sind so etwas wie die Hausärzte für den Betrieb. Erst große Unternehmen leisten sich den Luxus von festangestellten Betriebsärztinnen oder Betriebsärzten. Die kleinen müssen dagegen suchen – und das oft vergeblich, denn – zumal frei praktizierende – Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sind selten geworden. Ein Netzwerk wäre in diesem Fall hilfreich – ein Netzwerk wie zum Beispiel das von DOKTUS. Hier ist die Anlaufstelle für viele kleine und mittelständische Unternehmen, die sich bislang erfolglos auf der Suche nach einem Betriebsarzt aufgerieben haben. Wenn Sie interessiert sind, klicken Sie auf diesen Link oder rufen sie uns an.
Peter S. Kaspar
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