Allzweckwaffe G 37
Für Uneingeweihte klingt die Abkürzung G 37 so ähnlich wie das Sturmgewehr eines schwäbischen Waffenproduzenten. Tatsächlich verbirgt sich dahinter die am meisten verbreitete Vorsorgeuntersuchung im betriebsmedizinischen Bereich. Genau genommen heißt sie ja gar nicht mehr G 37. Schon 2013 wurden die G Zahlen offiziell abgeschafft. Intern verwenden sie die meisten Betriebsärzte bis zum heutigen Tag. Dass die G 37 eine gewisse Popularität erreicht hat, liegt daran, dass sie die verbreitetste ist und diejenige, die am meisten Menschen betrifft. Es handelt sich um die Vorsorgeuntersuchung für Bildschirmarbeitsplätze. Die G 37 ist eine Angebotsvorsorge, das heißt man kann das Angebot annehmen – oder auch nicht. Warum es sehr sinnvoll ist, diesem Angebot zu folgen, erklärt DOKTUS.
Das G 37 Paradoxon
Vorab: Genaue Zahlen gibt es nicht, zumindest keine, die öffentlich einsehbar wären. Einerseits heißt es, die Vorsorgeuntersuchung „Tätigkeiten an Bildschirmgeräten“, wie die G 37 heute offiziell betitelt wird, sei die am meisten durchgeführte Vorsorgeuntersuchung in Deutschland. Andererseits sickert immer wieder durch, dass nur ein Bruchteil der Berechtigten diese Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nimmt. Ein Widerspruch? Nicht zwingend. Computer-Arbeitsplätze sind die häufigsten Arbeitsplätze überhaupt. Hochrisikoarbeitsplätze, die mit einer Pflichtvorsorge versehen sind, gibt es dagegen nicht so viele. Selbst wenn dort die Vorsorgequote bei 100 Prozent liegen sollte, wären das immer noch weniger, als jener Bruchteil der am Computer Arbeitenden, der sich untersuchen lässt.
Unterschätzte Vorsorge
Um zur Vorsorge zu gehen, bräuchte es nur einen Grund: Weil es sinnvoll ist. Für den Verzicht auf Vorsorge gibt es dagegen viele Gründe. Die einen haben Angst, dass etwas entdeckt werden könnte, was ihnen nicht gefällt, andere halten es für pure Zeitverschwendung, die nächsten sind der Überzeugung, dass sie gesund seien und ihnen eh nie etwas passieren würde und so weiter und so weiter. Die vorgeschobenen Gründe sind natürlich alles Ausflüchte. Grundsätzlich ist Vorsorge sinnvoll – und ja, wenn etwas entdeckt wird, kann man darauf reagieren. Wenn dieses Etwas weiter schlummert und irgendwann erwacht, wird es viel schlimmer. Daher ja das Wort VOR-Sorge. Und dann sind da noch die ganz normalen, alltäglichen kleinen Zipperlein, gegen die man ja eh nichts tun kann. Eine Vorsorgeuntersuchung kann möglicherweise erklären, woher sie kommen – und sie können dann doch beseitigt werden.
Mehr als nur ein Augentest
Viele Menschen glauben, bei der Vorsorgeuntersuchung G 37 handele es sich nur um einen Augentest. Doch das ist ein Missverständnis. Denn ausgehend vom Sehen lassen sich auch ganz andere Beschwerden identifizieren, lokalisieren und klassifizieren. Deshalb geht jeder G 37 Untersuchung auch eine umfassende Anamnese voraus. Klagt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin über Kopf- oder Nackenschmerzen und vielleicht noch über Rückenschmerzen, kann das etwas mit seinem Arbeitsplatz zu tun haben. Selbst Knieschmerzen können für die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt von Belang sein. Viele Beschwerden sind nämlich auf Fehler zurückzuführen, die am Computerarbeitsplatz gemacht werden. Oft bedarf es nur weniger Kleinigkeiten, um diese Fehler zu beheben. Da braucht es keine Medikamente, keine Ernährungsumstellung, keine Krankengymnastik oder orthopädische Behandlungen. Ein paar Zentimeter näher oder weiter weg vom Bildschirm, ein zwei Grad Neigung an der Rückenlehne können jahrelange Beschwerden kurzer Hand verschwinden lassen. Die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt schaut sich nämlich nicht nur die Augen und die Sehkraft an, sondern auch den Bürostuhl und die Sitzposition, Lage der Tastatur oder die Situation mit der Maus.
Beschwerden durch Bildschirmarbeit
Die Liste der Beschwerden, die durch Bildschirmarbeit hervorgerufen werden können, ist lang. Ganz vorn steht das sogenannte Computer Vision Syndrom, an dem 77 Prozent der am Bildschirm Arbeitenden leiden. Da geht es in erster Linie um Augenreizungen, verschwommenes oder doppeltes Sehen oder andere Augenleiden, zudem klagen Betroffene oft über Kopfschmerzen und Verspannungen. Das sind Leiden, die alleine vom Starren auf den Bildschirm hervorgerufen werden. Rückenschmerzen können auch ein Hinweis auf eine falsche Sitzposition sein, das Gleiche gilt für Knieschmerzen. Auch die Arbeit mit der Maus kann auf lange Sicht zu Beschwerden führen, etwa einer Sehnenscheidenentzündung, nicht unähnlich einem Tennisarm.
Vorsorge kann Abhilfe schaffen
Die gute Nachricht: Die meisten dieser Beschwerden lassen sich relativ gut beseitigen. Vielleicht muss nur der Bildschirm ausgetauscht werden, aber auch eine spezielle, an Bildschirmarbeit angepasste Brille kann helfen. Oft ist die Position des Bildschirmes auch einfach falsch, dann wirkt eine kleine Korrektur schon Wunder. Auch ein neuer, beziehungsweise richtig angepasster Bürostuhl kann Rückenschmerzen plötzlich verschwinden lassen. Das alles kann die Vorsorgeuntersuchung G 37 ans Licht bringen und für eine maßgebliche Verbesserung der Arbeits- und Lebensqualität sorgen.
Peter S. Kaspar
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